29,5 Prozent aller Ausbildungsverträge werden vorzeitig aufgelöst – ein Drittel davon im ersten Lehrjahr, ein weiteres Drittel sogar schon während der Probezeit (Quelle: Azubi-Report). Ausgehen kann die Kündigung des Vertrages dabei von beiden Seiten: Sowohl du als Azubi kannst eine Kündigung einreichen, dein Arbeitgeber kann dir aber auch kündigen.
Auf dieser Seite beantworten wir dir alle allgemeinen Fragen rund um das Thema Kündigung in der Ausbildung und sagen dir, was zu tun ist, wenn dir in der Ausbildung gekündigt wird.
Du überlegst selbst, deinen Ausbildungsvertrag zu kündigen? Dann findest du hier alle Infos:
Die Kündigung in der Ausbildung ist ein sensibles Thema, das sowohl Auszubildende als auch Arbeitgeber betreffen kann. Während die Ausbildung normalerweise als Grundlage für den beruflichen Einstieg dient, können verschiedene Gründe dazu führen, dass ein Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet wird. Diese reichen von persönlichen oder schulischen Herausforderungen bis hin zu Differenzen im Betrieb oder betrieblichen Problemen wie Insolvenz.
Wichtig zu wissen ist, dass für eine Kündigung klare rechtliche Vorgaben gelten, die im Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt sind. Dazu gehören unter anderem Kündigungsfristen, Voraussetzungen und die Schriftform. Besonders in der Probezeit ist eine Kündigung einfacher, da sie ohne Angabe von Gründen erfolgen kann. Außerhalb der Probezeit bedarf es hingegen triftiger Gründe oder einer einvernehmlichen Lösung, etwa durch einen Aufhebungsvertrag.
Ja! Dein Ausbilder kann dir in der Probezeit kündigen – und das sogar ohne Angabe von Gründen und ohne Einhaltung der Kündigungsfrist (§ 22 Berufsbildungsgesetz, kurz BBiG). Das ändert sich erst nach deiner Probezeit.
1. Kündigung während der Probezeit
Die Probezeit ist ein fester Bestandteil jeder Berufsausbildung und beträgt laut § 20 BBiG mindestens einen und höchstens vier Monate. In dieser Zeit können sowohl der Auszubildende als auch der Arbeitgeber das Ausbildungsverhältnis ohne Angabe von Gründen und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden.
Wichtig: Auch in der Probezeit muss die Kündigung schriftlich erfolgen. Eine mündliche Kündigung ist rechtlich unwirksam.
2. Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
Nach der Probezeit ist eine Kündigung nur noch in Ausnahmefällen möglich. Eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber darf nur erfolgen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 22 Abs. 2 BBiG). Der Grund muss so gravierend sein, dass es dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, das Ausbildungsverhältnis weiter fortzusetzen.
Wichtig: Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes ausgesprochen werden. Der Kündigungsgrund muss im Kündigungsschreiben konkret benannt werden. Falls der Arbeitgeber den Azubi vorher nicht abgemahnt hat, ist die Kündigung in vielen Fällen nicht rechtmäßig. Eine Abmahnung gibt dem oder der Auszubildenden die Chance, das Verhalten zu verbessern, bevor der Vertrag endgültig aufgelöst wird.
3. Betriebsbedingte Kündigung
Eine betriebsbedingte Kündigung ist in der Ausbildung grundsätzlich nicht vorgesehen. Der Arbeitgeber hat die Verpflichtung, das Ausbildungsverhältnis auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten fortzuführen. Es gibt jedoch Ausnahmen.
4. Aufhebungsvertrag
Eine weitere Möglichkeit, das Ausbildungsverhältnis zu beenden, ist der Aufhebungsvertrag.
Der Aufhebungsvertrag ist eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen Azubi und Ausbildungsbetrieb, die das Ausbildungsverhältnis vorzeitig und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet. Im Gegensatz zu einer Kündigung ist der Aufhebungsvertrag eine gemeinsame Lösung, bei der beide Parteien zustimmen müssen.
Ein Aufhebungsvertrag kann für beide Seiten von Vorteil sein:
Eine Kündigung kann personenbezogen sein. Das bedeutet aber nicht, dass dein Arbeitgeber dir kündigen kann, weil er dich nicht mag – sondern es muss ein schwerer Verstoß vorliegen. Darunter fällt zum Beispiel das Schwänzen der Arbeit oder des Berufsschulunterrichts. Aber auch Diebstahl, die absichtliche Beschädigung von Betriebsgegenständen oder persönliches Fehlverhalten.
Es gibt kein Gesetz, in dem steht, wie viele Fehltage ein Azubi maximal haben darf. Grundlegend unterscheidet man zwischen unentschuldigtem und entschuldigtem Fehlen. Dass man mal krank wird, ist halt etwas ganz Normales. Wichtig ist nur, dass du dich dann richtig verhältst und dich vor Arbeitsbeginn bei deinem Ausbilder krankmeldest. Alle Infos dazu:
Schon gewusst? Dein Ausbilder darf dich nicht ohne Weiteres entlassen. Bevor er dir kündigen kann, muss er dich normalerweise abmahnen.
Mit der sogenannten Abmahnung fordert dein Arbeitgeber dich dazu auf, dein Verhalten zu überdenken und in Zukunft zu ändern, da ansonsten die Kündigung droht. Tut deine Chefin oder dein Chef das nicht, ist die Kündigung nicht rechtskräftig.
Abmahnungen müssen grundsätzlich nicht unterschrieben werden und können daher auch mündlich erfolgen. Jedoch muss das im Beisein von Zeugen geschehen, denn wenn es zur Kündigung kommt, steht der Arbeitgeber in der Beweispflicht. Das heißt: Er muss nachweisen, dass du wirklich abgemahnt wurdest und nicht am Ende Aussage gegen Aussage steht.
Gründe für eine Abmahnung durch den Arbeitgeber:
Wofür du nicht abgemahnt werden kannst:
Vor einer Abmahnung kann es zu einer mündlichen oder schriftlichen Ermahnung kommen. Diese soll dir dein Fehlverhalten ins Gedächtnis rufen, ohne jedoch direkt auf eine Kündigung hinauszulaufen. Damit kann dein Arbeitgeber noch mal ein Auge zudrücken.
In der Regel folgt auf eine dreimalige Abmahnung ohne Aussicht auf Einsicht und Besserung des Auszubildenden die Kündigung.
In manchen Fällen kann es aber auch zu einer sofortigen fristlose Kündigung kommen. Zum Beispiel bei groben Verfehlungen wie dem Fälschen eines Attests, Diebstahl oder krassem Fehlverhalten gegenüber Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden.
Es müssen nicht immer persönliche Gründe sein, die zu einer Kündigung in der Ausbildung führen. Manchmal liegt es an wirtschaftlichen Gründen: Das Ausbildungsunternehmen geht insolvent. Ganz vielen Betrieben passierte das in der Corona-Zeit ab 2020, aber auch nach Ende dieser Krise kommt das natürlich immer wieder vor.
Erst mal gute Nachrichten vorweg: Finanzielle Probleme oder eine drohende Insolvenz sind keine Gründe für eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses!
Erst wenn der Ausbildungsbetrieb für längere Zeit komplett stillsteht, ist das ein ausreichender Grund für eine Kündigung. Es kann nämlich sein, dass das Unternehmen dann die Ausbildungseignung verliert. Wann die Ausbildungseignung aberkannt wird, ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich.
Grundsätzlich gibt es zwei Gründe dafür:
Aber auch wenn es keine Aufträge gibt, kann der Betrieb seinen Azubi weiter beschäftigen. Beispielsweise mit der Vermittlung von Berufsschulstoff oder in Zusammenarbeit mit einem anderen Unternehmen. Schlussendlich trifft die IHK die Entscheidung, was passiert. Wird dem Unternehmen die Ausbildungseignung aberkannt, gibt es ein außerordentliches Kündigungsrecht. Das heißt im Klartext, dass dir gekündigt werden kann, ohne dass du Anspruch auf Schadensersatz hast.
Aber bedenke: In der Probezeit ist das natürlich schwieriger, da kann dein Arbeitgeber dir durchaus wegen einer drohenden Pleite kündigen.
Neben den bereits erwähnten Kündigungsgründen wie Fehlzeiten oder Fehlverhalten kommt bei einer Insolvenz noch ein weiterer Kündigungsgrund hinzu: die betriebsbedingte Kündigung. Dabei geht es um die oben beschriebene Situation – der Arbeitgeber ist pleite. Wenn dann kein Weg mehr daran vorbeiführt, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu kündigen, tritt die Sozialauswahl in Kraft.
Die Sozialauswahl ist ein Verfahren, das bestimmt, welche Personen zuerst gekündigt werden. Das klingt erst mal hart, ist aber eigentlich ganz nützlich. Es ist ein Verfahren, das im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) festgelegt. Dabei werden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nach sozialen Kriterien unterteilt. So soll rausgefunden werden, wer besonders schutzbedürftig ist. Diejenigen werden dann weiterbeschäftigt.
Die Kriterien sind:
Wie schwer dein Arbeitgeber die jeweiligen Kriterien gewichtet, liegt in seinem eigenen Ermessen.
Verliert dein Ausbildungsbetrieb seine Ausbildungseignung, darf dir zwar der Ausbildungsvertrag gekündigt werden, allerdings besteht weiterhin eine Fürsorgepflicht. Als Azubi hast du das Recht auf einen neuen Ausbildungsplatz. Das bedeutet, das Unternehmen ist verpflichtet, zusammen mit der Agentur für Arbeit und der zuständigen IHK einen neuen Ausbildungsplatz für dich zu finden.
Du hast dann übrigens auch das Recht, den vorgeschlagenen Betrieb abzulehnen. Zum Beispiel wenn er zu weit weg ist oder dir das Unternehmen nicht gefällt. Lehnst du die vorgeschlagenen Stellen ab, kann dein insolventer Ausbildungsbetrieb seine Pflichten aber auch wieder abgeben. Überlege dir deshalb gut, was du machst. Es kann nämlich sein, dass du dir deinen neuen Ausbildungsplatz dann auf eigene Faust suchen musst.
Auch wenn bereits ein Insolvenzverfahren gegen den Ausbildungsbetrieb läuft, musst du weiterhin deine „Arbeitskraft anbieten“ – so sagt man das ganz offiziell. Solange das Ausbildungsverhältnis noch besteht, bist du berufsschulpflichtig, das bedeutet: Es ist deine Pflicht, weiterhin die Berufsschule zu besuchen. Erst wenn das Ausbildungsverhältnis beendet ist, bist du von der Berufsschulpflicht befreit. Wie es dann weitergeht, hängt von den schulspezifischen Regelungen ab. Hier gibt es nämlich Unterschiede.
Trotz einer drohenden Insolvenz ist dein Ausbildungsunternehmen verpflichtet, dir für mindestens sechs Wochen deine Ausbildungsvergütung zu zahlen. Ist das Unternehmen dazu nicht mehr in der Lage, hast du nach § 165 SGB III Anspruch auf Insolvenzgeld. Das ist ein Paragraf aus dem Sozialgesetzbuch. Dafür muss ein sogenanntes Insolvenzereignis vorliegen. Das kann zum Beispiel die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder das Ende der Betriebstätigkeit sein.
Insolvenzgeld bekommst du normalerweise für drei Monate. Die Höhe richtet sich nach deiner Nettoausbildungsvergütung. Den Antrag für Insolvenzgeld musst du bis spätestens zwei Monate nach dem Insolvenzereignis stellen.
Kommt es zu einer fristlosen Kündigung durch deinen Arbeitgeber, ist deine Ausbildung noch am selben Tag beendet. Allerdings muss die Kündigung einige Voraussetzungen erfüllen, damit sie rechtskräftig ist. Unter anderem muss sie zwingend schriftlich erfolgen und der Kündigungsgrund muss deutlich hervorgehen.
Außerdem kann sich dein Arbeitgeber nicht ewig Zeit lassen mit einer Kündigung. Ist der benannte Kündigungsgrund schon länger als zwei Wochen bekannt und es wurde noch nichts unternommen, ist die Kündigung nicht mehr rechtskräftig. Wenn du zum Beispiel vor mehr als zwei Wochen die Berufsschule geschwänzt hast und sofort aufgeflogen bist, kann dein Ausbilder dir aus diesem Grund zwei Wochen später nicht mehr fristlos kündigen.
In der Ausbildung genießen bestimmte Personengruppen einen besonderen Kündigungsschutz.
Schwangere Auszubildende und junge Mütter sind nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) besonders abgesichert. Eine Kündigung während der Schwangerschaft und bis zu vier Monate nach der Entbindung ist nicht möglich.
Ebenso haben schwerbehinderte Auszubildende Anspruch auf einen Sonderkündigungsschutz nach dem Sozialgesetzbuch IX (SGB IX). Hier ist eine Kündigung nur mit vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes möglich.
Minderjährige Azubis unterliegen zusätzlichen Schutzbestimmungen durch das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG), insbesondere in Bezug auf die Einbindung ihrer gesetzlichen Vertreter. Diese Regelungen sollen sicherstellen, dass besonders schutzbedürftige Auszubildende nicht durch eine Kündigung benachteiligt werden und eine faire Chance erhalten, ihre Ausbildung abzuschließen.
Wenn du die Kündigung für ungerechtfertig hältst, solltest du Folgendes tun. Lies dir das Kündigungsschreiben zunächst ganz in Ruhe durch und prüfe alle Formalitäten. Findest du Unstimmigkeiten oder hältst du den Kündigungsgrund für unfair, kannst du rechtliche Schritte einleiten.
Innerhalb von drei Wochen kannst du dann Widerspruch einlegen und eine Schlichtung bei der zuständigen Stelle – etwa der IHK – beantragen.
Den schriftlichen Widerspruch schickst du zu deinem Ausbildungsunternehmen und die zuständige Stelle bekommt eine Kopie deiner Kündigung und deines Widerspruchs. Da deine Unterlagen erst geprüft werden müssen, kann dieser Prozess in der Regel ein paar Wochen dauern.
Im Schlichtungsausschuss kann es dann zu drei verschiedenen Urteilen kommen:
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