nach oben
Themenübersicht

Ausbildung abbrechen? Entscheidungshilfe, Alternativen & Folgen

65 % von euch haben in unserer Instagram-Umfrage angegeben, schon mal über einen Abbruch nachgedacht zu haben. Und auch offiziell liegt die Vertragslösungsquote hoch (rund 30 % in 2023 *). Du bist also nicht allein. Dieser Ratgeber hilft dir, eine gute Entscheidung zu treffen: bleiben, wechseln oder abbrechen?

Du findest hier: Entscheidungs-Check, sinnvolle Alternativen (inkl. erster Schritte), kompakte Folgen-Infos zu Kindergeld, Krankenversicherung & Finanzen sowie einen Kurzüberblick zu Rechten/Fristen nach BBiG. 

Alles über Kündigungsfristen sowie Musterkündigungen findest du im Ratgeber „Ausbildung kündigen“. Die Infos zum Betriebs-/Berufswechsel in „Ausbildung wechseln“.

* Quelle: BIBB – Berufsbildungsbericht 2024

Umfrage: Ausbildung abbrechen

Schnellcheck: Soll ich bleiben, wechseln oder kündigen?

0) Notfall-Check

Fühlst du dich unsicher oder ungerecht behandelt (z. B. Mobbing, Diskriminierung, gefährliche Arbeit)?

→ Wechsel oder Abbruch jetzt sofort prüfen. Warte nicht weiter ab!

1) Magst du den Beruf an sich?

  • Nein → Der Beruf passt nicht. Abbrechen (neu orientieren).
  • Ja → weiter zu Punkt 2.

2) Passt dein Betrieb/Team?

  • Nein (schlechtes Klima, kaum Anleitung, Einsatz weit weg vom Ausbildungsplan) → Betrieb wechseln.
  • Ja → weiter zu 3.

3) Lässt sich dein aktuelles Problem in 2–4 Wochen real verbessern?

  • JaBleiben (kurzer Plan, danach nochmal entscheiden).
  • NeinBetrieb wechseln.
  • Unklar → kurzen 2-Wochen-Test machen; wenn keine Besserung → Wechseln.

Faustregeln zum Ausbildungsabbruch

  • Abbrechen = Beruf passt grundsätzlich nicht oder macht dich dauerhaft fertig.
  • Wechseln = Beruf passt, aber Betrieb passt nicht.
  • Bleiben = Beruf & Betrieb passen und Probleme sind kurzfristig lösbar.

Häufige Gründe für einen Ausbildungsabbruch – und welche Alternative passt

Problem Woran merkst du das? Alternative & nächste Schritte
Ausbildungsfremde Tätigkeiten/keine Anleitung Du machst überwiegend Hilfsarbeiten, hast keinen Ausbildungsplan/Ansprechperson. Erst Gespräch mit Ausbilder (konkrete Beispiele + Vorschlag). Dann IHK/HWK-Ausbildungsberatung einschalten. Ohne Besserung → Betriebswechsel prüfen.
Konflikte mit Ausbilder/Team Abwertende Kommunikation, fehlendes Feedback, ständige Missverständnisse. Strukturierte Klärung (Termin, Beispiele, Wunsch). JAV/Betriebsrat, Berufsschule, IHK/HWK als Moderation. Bleibt es toxisch → Wechsel.
Überstunden/Schicht ohne Ausgleich Regelmäßig Mehrarbeit, kein Ausgleich, du kennst deine Rechte nicht. Rechte checken (Ausbildungsvertrag/BBiG/JArbSchG). Gespräch + schriftliche Vereinbarung. Bei Verstößen: IHK/HWK informieren; ggf. Wechsel.
Falsches Berufsbild Aufgaben fühlen sich grundsätzlich falsch an, Motivation dauerhaft niedrig. Berufsrealität testen (Hospitation/Praktikum), Beratung (Jugendberufsagentur). Wenn der Beruf nicht passt → Berufswechsel (Abbruch) planen.
Psychische/gesundheitliche Belastung Schlafprobleme, dauerhafter Stress, ärztliche Hinweise. Ärztliche Hilfe, ggf. Krankschreibung. Ausbildungsanpassung erbitten. Wenn nicht machbar → Abbruch mit Plan B (Gesundung/Neuorientierung).
Mobbing/Grenzverletzungen/Gefährdung Beleidigungen, Ausschluss, unsichere Arbeitsbedingungen. Sofort Hilfe: Berufsschule, JAV/Betriebsrat, IHK/HWK. Vorfälle dokumentieren. Rechtliche Beratung holen. Schneller Wechsel bzw. Kündigung prüfen.
Unfaire Vergütung/Finanzen Lohn deutlich unter Tarif, keine Fahrtkostenzuschüsse, Auszug nötig. Optionen prüfen: BAB/Jugendberufsagentur, Tarif klären. Mit Betrieb über Zuschüsse sprechen. Bleibt’s untragbar → Wechsel.
Pendeln/Umzug Extrem lange Wege, wechselnde Schichten kollidieren mit ÖPNV. Schicht-/Einsatzplanung anpassen lassen. Sonst Betriebswechsel in erreichbarer Distanz.

Ausbildungsberufe nach Abbruchquote (Quelle: BIBB Datenreport 2024)

Top 5 nach Vertragslösungsquote (Ausbildungsberufe mit > 2.000 Azubis in 2023)
  1. Verwaltungsfachangestellte/-r — 5,9 % — 400 Auflösungen (von 6.780 Azubis)
  2. Elektroniker/-in für Automatisierungstechnik — 10,7 % — 252 Auflösungen (von 2.352 Azubis)
  3. Bankkaufmann/-kauffrau — 11,0 % — 960 Auflösungen (von 8.724 Azubis)
  4. Industriekaufmann/-kauffrau — 12,4 % — 2.002 Auflösungen (von 16.149 Azubis)
  5. Mechatroniker/-in — 12,9 % — 1.131 Auflösungen (von 8.769 Azubis)
Flop 5 nach Vertragslösungsquote (> 2.000 Azubis)
  1. Friseur/-in — 49,6 % — 3.909 Auflösungen (von 6.297 Azubis)
  2. Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk — 49,3 % — 2.289 (von 3.513)
  3. Berufskraftfahrer/-in — 47,0 % — 1.602 (von 2.796)
  4. Koch/Köchin — 46,7 % — 3.939 (von 7.317)
  5. Maler/-in und Lackierer/-in — 46,4 % — 3.741 (von 6.240)

Folgen eines Ausbildungsabbruchs: Was ändert sich – und was musst du klären?

Kindergeld – bleibt der Anspruch bestehen?

Kindergeld bleibt grundsätzlich bis 25 möglich – auch bei Übergangszeiten bis zu 4 Monaten oder während der Ausbildungsplatzsuche. Wichtig: Familienkasse sofort informieren und Bewerbungs-/Nachweisunterlagen sammeln. Ohne Anschlusslösung oder Meldung kann der Anspruch auf Kindergeld entfallen.

Krankenversicherung – wie bleibe ich versichert?

Nach Vertragsende gilt normalerweise ein einmonatiger Nachschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung. Danach: Familienversicherung (falls du Anspruch hast), freiwillige gesetzliche Krankenversicherung oder Absicherung über Leistungen der Agentur für Arbeit. Kläre das so schnell wie möglich mit deiner Krankenkasse.

Arbeitsagentur – muss ich mich melden?

Ja. Schnellstmöglich arbeitssuchend/ausbildungssuchend melden. ALG I gibt’s nur bei ausreichenden Beitragszeiten; sonst kommt nur Bürgergeld in Frage. Übrigens: Die Agentur hilft auch bei Wechsel/Neuorientierung.

Zeugnis & Anrechnung – bringt mir die Zeit etwas?

Fordere ein qualifiziertes Ausbildungszeugnis an. Bereits absolvierte Ausbildungszeiten können auf eine neue, fachverwandte Ausbildung angerechnet werden – das entscheidet IHK/HWK im Einzelfall.

Unterlagen – was brauche ich noch?

Sichere auf jeden Fall Berufsschul-/Berichtsheft-Nachweise, Zeugnisse und Bescheinigungen; Rückgabe von Betriebseigentum (Schlüssel, Geräte) klären.

Welche Anlaufstellen helfen mir bei einem Abbruch?

  • Ausbilder, JAV, Betriebsrat/Personalrat – für interne Lösungen/Mediation
  • IHK/HWK-Ausbildungsberatung – neutral, prüft Anrechnung/Wechselwege
  • Berufsberatung der Agentur für Arbeit – Alternativen, Bewerbungscoaching, Förderungen
  • Berufsschule/Schulsozialarbeit – Lernorganisation, Konfliktklärung
  • Vertrauensärztliche/psychosoziale Beratung – bei gesundheitlicher Belastung

Nach dem Ausbildungsabbruch: Wie geht es jetzt weiter?

Die wichtigsten Schritte: Melde dich sofort bei der Agentur für Arbeit (ausbildungs-/arbeitssuchend), kläre deine Krankenversicherung und informiere die Familienkasse zum Kindergeld. Sichere ein qualifiziertes Zeugnis, sammle Nachweise und prüfe bei IHK/HWK eine mögliche Anrechnung – und guck dann zügig nach deiner nächsten beruflichen Station.

Beeinträchtigt ein Abbruch meine Chancen?

Nein, normalerweise nicht. Ein Abbruch ist absolut kein Karriere-K.O. – vor allem, wenn dein Anschlussplan klar ist. 

Laut DGB-Report 2025 haben 15,1 % der Azubis schon einmal abgebrochen; die Mehrheit macht weiter (ca. 81,9 % wechseln den Beruf, 18,1 % setzen im gleichen Beruf in einem anderen Betrieb fort). 

Entscheidend für Arbeitgeber: Ehrliche Begründung, gelerntes Skill-Set und nächster Schritt.

Lebenslauf nach dem Abbruch: So formulierst du’s!

Schreibe die Station sachlich (Zeitraum, Beruf, Betrieb) und nenne 2–3 gelernte Inhalte/Skills. Hänge einen zukunftsgerichteten Satz an (Neuorientierung/Anschluss).

Beispiel:

08/2024–02/2025: Ausbildung Kauffrau/-mann für Büromanagement, Muster GmbH – Inhalte: MS-Office, Kundenservice, Terminorganisation · berufliche Neuorientierung → Ausbildungsstart Marketingkommunikation geplant

Alles zum Lebenslauf

Nach dem Abbruch: Die nächsten Schritte in der Übersicht

  • Sofort melden: Agentur für Arbeit (ausbildungs-/arbeitssuchend) – Termine/Leistungen klären.
  • Absicherung klären: Krankenversicherung & Familienkasse (Kindergeld) informieren.
  • Anrechnung checken: IHK/HWK fragen, ob bisherige Ausbildungszeit anerkannt wird.
  • Richtung klären: Mit unserem Berufscheck Fokus wählen (bleiben im Beruf vs. neuer Beruf).
  • Ggf. Alternativen prüfen: Schulische Ausbildung, Einstiegsqualifizierung (EQ), FSJ/BFD (als Brücke).
  • Stellen suchen: Ausbildung.de, IHK/HWK-Börse, Agentur für Arbeit, Firmenwebsites.
  • Bewerben + hospitieren: Bewerbung schreiben (Lebenslauf aktualisieren, Nachweise beilegen) und am besten direkt Hospitation/Probearbeit/Praktikum anfragen.
  • Wechsel fix machen: Neue Zusage sichern und erst danach kündigen!
  • Unterlagen sichern: Qualifiziertes Zeugnis, Berichtsheft, Nachweise.
Welcher Beruf passt zu dir? Mach den Berufscheck!

Häufig gestellte Fragen zum Ausbildungsabbruch