zur Übersicht
#AZUBI-LIFE
29.5.2024

Angst vorm Telefonieren

Du kriegst ein mulmiges Gefühl im Bauch, wenn dich jemand anruft oder du jemanden anrufen musst? Das geht vielen Leuten so. Ich geb dir ein paar Tipps an die Hand, wie du die Angst vorm Telefonieren überwinden kannst.


Bist du auch jemand, der lieber tausend Umwege geht, als einfach kurz mal anzurufen? Willkommen im Club! WhatsApp-Nachrichten an Familie und Freunde schreiben, E-Mails an Behörden schicken oder einfach mal direkt beim Arzt vor der Tür stehen, um einen Termin auszumachen – mir und auch 54 Prozent von euch ist all das meistens lieber, als zum Hörer zu greifen. 

Vor allem bei den Eltern trifft das meist auf Unverständnis. Die sind schließlich noch mit dem Telefon aufgewachsen. Mittlerweile kann man das Telefonieren durch die Digitalisierung aber ganz gut vermeiden. Trotzdem klappt die Vermeidungsstrategie nicht immer – zum Beispiel im Job.

Warum wir Angst vorm Telefonieren haben

Grundsätzlich wird die Angst vorm Telefonieren durch Unsicherheit ausgelöst. Die kann durch folgende Situationen entstehen: 

  • Mangelnde oder schlechte Erfahrungen: Wenn du noch nicht oft telefoniert hast, ist es klar, dass du erst mal Angst hast. Das Gleiche gilt, wenn du schon mal negative Erfahrungen beim Telefonieren gemacht hast, z. B. wenn Missverständnisse oder Konflikte entstanden sind. 
  • Kein Face-to-Face-Kontakt: Beim Telefonieren sieht man seinen Gesprächspartner nicht. Das heißt, es gibt auch kein zustimmendes Nicken oder nettes Lächeln, was einem die Unsicherheit nehmen könnte. Ob du einen guten Eindruck bei der anderen Person hinterlassen hast, weißt du also im Zweifelsfall gar nicht. 
  • Man muss sofort reagieren: Im Gegensatz zu einer WhatsApp-Nachricht hat man beim Telefonieren wenig Zeit zum Nachdenken – das erhöht den Druck, schnell eine passende Antwort parat zu haben. 
  • Angst vor Verurteilung: Was ist, wenn ich mich verhasple oder den Faden verliere? Was denkt die Person dann über mich? Die Angst, von anderen negativ bewertet und abgelehnt zu werden, kann eine Angst vorm Telefonieren auslösen.

Angst vorm Telefonieren im Job

Ich erinnere mich noch lebhaft an mein Praktikum bei der Tageszeitung, wo Telefonieren an der Tagesordnung stand. Kleine Büroräume, keine Türen, die man schließen konnte und Telefone, in die man schreien musste, damit dich die Person an der anderen Leitung versteht – ein absoluter Horror. 

Leider gibt es viele Berufe, bei denen du nicht ums Telefonieren herumkommst. Vor allem Bürojobs zeichnen sich oft dadurch aus, dass man öfter mal zum Telefon greifen muss. Wenn du also noch auf der Suche nach einer Ausbildung bist, aber auf gar keinen Fall telefonieren möchtest, informier dich vorab gut über die Aufgaben.

Praktisch: Wir haben extra eine Übersichtsseite, auf der du Berufe findest, bei denen du wenig telefonieren musst bzw. wenig Kontakt mit Menschen hast.

Aber was macht man, wenn Kauffrau für Büromanagement, Automobilkaufmann oder Industriekauffrau der absolute Traumberuf ist? Die Ausbildung dann einfach nicht machen ist keine Option. Du kannst deine Angst vorm Telefonieren nämlich gezielt angehen. Und mit der Zeit wird dir telefonieren leichter fallen – ganz fest versprochen!

Angst vorm Telefonieren vs. Telefonphobie

Die Angst vorm Telefonieren lässt sich mit Übung wegtrainieren. Heißt: Je mehr du telefonierst, desto einfacher geht es dir von der Hand. Es wird vielleicht nie deine liebste Beschäftigung werden, aber du kannst dich schneller dazu überwinden, zum Hörer zu greifen. 

Anders ist es bei der Telefonphobie, der extremen Angst vorm Telefonieren. Für Expertinnen und Experten ist die Telefonphobie nämlich eine Ausprägung von Sozialphobie, also eine krankhafte Angst vor sozialen Situationen.

Wenn deine Angst vorm Telefonieren also so schlimm ist, dass du Symptome wie Herzrasen, Atemnot und Konzentrationsstörungen bekommst oder du deinen Alltag nicht mehr bewältigen kannst, hat das nichts mehr mit einfacher Unsicherheit zu tun. Deshalb wende dich bitte an eine Bezugsperson und such dir psychologische Unterstützung, wenn das auf dich zutrifft.

5 Tipps, um die Angst vorm Telefonieren zu überwinden

Tipp 1: Bereite dich mit Notizen vor

Ein Tipp, den ich bis heute noch berücksichtige: Schreib dir vor einem Gespräch Formulierungen und das Ziel des Telefonats auf. Das kann eine standardmäßige Begrüßung sein, wie du Telefonate annimmst oder eine Notiz wie „Blutergebnisse besprechen“, wenn du beim Arzt anrufst. Das steigert dein Selbstbewusstsein und du verlierst auch nicht so schnell den Fokus, wenn du doch mal nervös wirst. 

Für die Ausbildung empfehle ich dir auch während des Gesprächs Notizen zu machen, damit du nichts vergisst.

Übrigens: Viele Unternehmen, bei denen viel telefoniert wird, arbeiten mit sogenannten Telefon- bzw. Gesprächsleitfäden. Da stehen dann typische Fragen mit passender Antwort drauf. Frag also bei deinem Betrieb nach, ob es sowas gibt. Und falls du mal wirklich keine Antwort auf eine Frage parat hast: Geh damit offen um und sag, dass du Rücksprache mit deinem Team hältst, aber schnell zurückrufst. So fühlt sich dein Gegenüber ernst genommen und du kannst besten Gewissens bei deinen Kollegen nachfragen.

Formulierungen, um einen Anruf entgegenzunehmen

„Hallo, hier spricht [dein Name].“

„[Firmenname], [dein Name], was kann ich für Sie tun?“

„Herzlich willkommen bei [Firmenname], Sie sprechen mit [dein Name]. Wie kann ich Ihnen helfen?“

Tipp 2: Übung macht den Meister

Auch ich wollte es nicht wahrhaben, aber Konfrontation ist das beste Mittel gegen Telefonangst. Übe Telefonate also mit Freunden oder Familienmitgliedern. Das hilft dir, dich an die Situation zu gewöhnen. Später kannst du mit ihnen auch schwierige Telefonate simulieren. Hol dir danach auf jeden Fall Feedback ein!

Wenn du dich sicherer fühlst, kannst du einen Schritt weiter gehen. Bestell deine Lieblingspizza oder lass dir einen Termin beim Arzt geben – natürlich alles per Telefon. Du wirst merken, wie es dir mit der Zeit leichter fällt. 

Tipp 3: Frag dich: „Was ist das Worst-Case-Szenario?“

Jetzt mal ehrlich: Du hast dich verhaspelt, den Faden verloren oder konntest der Person nicht weiterhelfen? Wen juckt’s! Das ist alles überhaupt nicht schlimm. Niemand wird dir das vorhalten – gerade, wenn du Praktikant oder Azubi bist. Und die Leute an der anderen Leitung haben das Gespräch meistens nach kurzer Zeit sowieso schon wieder vergessen.

Wenn du dich also wieder dabei erwischst, ein Telefonat zu vermeiden, stell dir die Frage: „Was ist das größte Horrorszenario, was gleich eintreten kann?“. Meistens wird einem dann nämlich ganz schnell klar, dass nichts wirklich Schlimmes passieren kann.

Tipp 4: Achte auf deine Körperhaltung

Das heißt: Setz oder stell dich aufrecht hin, wenn du telefonierst. Das gibt dir Selbstvertrauen und deine Stimme klingt direkt kräftiger. Wenn du es jetzt noch schaffst, ein Lächeln auf den Lippen zu tragen, dann wirkt deine Stimme auch freundlicher – möglicherweise beeinflusst das auch die Laune deines Gesprächspartners. Wenig schief gehen kann dann nicht mehr, oder?

Tipp 5: Geh offen mit deiner Angst um

Gerade in der Ausbildung hilft es, direkt das Gespräch mit deinem Ausbilder oder deiner Ausbilderin zu suchen. Sag, dass du noch unsicher beim Telefonieren bist, es aber lernen möchtest. Mit Sicherheit werden sie dann Verständnis zeigen und dich im Prozess unterstützen. Schließlich machst du ja auch eine Ausbildung, um etwas zu lernen. Ich habe mir am Anfang meines Praktikums immer freie Räume fürs Telefonieren gesucht, um mich erst mal an die Situation zu gewöhnen. So kannst du in Ruhe üben, ohne dass jemand mithört.

Fazit

Hand aufs Herz: Du kannst deine Angst nur überwinden, wenn du dich ihr stellst. Und es wird mit der Zeit einfacher, das verspreche ich dir! Wenn du merkst, dass du Angst bekommst, halte dir immer wieder die Fortschritte und Erfolge vor Auge, die du erzielt hast. Denk immer daran: Du bist mit deiner Angst nicht allein und wenn andere Leute ihre Angst besiegt haben, schaffst du das auch.


Über die Autorin

Alicja arbeitet seit 2023 für Ausbildung.de. Die Angst vorm Telefonieren hat sie nur bedingt in ihrer Berufswahl beeinflusst. Trotzdem ist sie froh, dass Telefonieren so gut wie gar keine Rolle in ihrem Berufsalltag spielt.