Wie gefällt dir dein Ausbildungsberuf?
Der schulische Teil der Ausbildung war leider sehr unstrukturiert. In vielen Fächern waren die "Lehrer" einfach nur Therapeuten ohne wirklich große pädagogische Ausbildung. Das hat man einfach gemerkt. Das heißt, dass man sich ziemlich viel selbst aneignen musste. Gerade in den praktischen Fächern war dies ein Problem, da man oft das vorgeführt/behandelt hat, von dem man weiß, dass der der Lehrer es sehen will, obwohl es in bestimmten Fällen vielleicht gar nicht angebracht war. Naja. Das kann ja von Schule zu Schule variieren.
Unfair ist es allerdings wie man teilweise in den Praktikumshäusern behandelt wird. An den meisten Schulen kann man sich nicht wirklich aussuchen wo man sein Praktikum macht, oder auf welchem Fachbereich man vielleicht seinen Schwerpunkt legen möchte. Bestimmte Fachbereiche muss man abdecken ist klar, aber wenn man z.B. auch in die Pädaiatrie reinschnuppern möchte, aber da zu dem Zeitpunkt in dem einen Haus nichts frei ist: Pech.
Wenn man die Aubildung machen will, ist es wichtig, dass man gut auswendig lernen kann. Gerade in Anatomie und Physiologie ist der Lernstoff wirklich sehr viel. Was mir aber auch wiederum Spaß gemacht hat, da mich dieser Bereich sehr interessiert hat.
Außerdem arbeitet man in den Praktika wie ein ausgebildeter Physio in Vollzeit. Ohne Gehalt. Dazu kommt noch, dass wenn man gewissenhaft arbeitet und auch was lernen will, man vielleicht noch nach dem Praktikum abends daheim noch recherchiert/vorbereitet. Das alles wird aber nicht vergütet. Klar, man bekommt Schülerbafög. Das hat bei mir aber mal gerade dafür gereicht, das Schulgeld zu bezahlen. D.h.: unter der Woche 40 stunden arbeiten als Physio, und am Wochenende noch einen Nebenjob damit man die Miete bezahlen kann. Selbst wenn man die finanzielle Belastung einmal wegnimmt (wobei das nach der Ausbildung nicht besser wird...) ist es die niedrige Anerkennung des Berufs die mich am meisten stört. Jeder der hört, dass ich Physiotherapeutin bin denkt, ich kann nur massieren. Selbst Ärzte wissen oft nicht, was die Ausbildung alles beinhaltet und wie viel wir Physios wissen. Gerade im Anatomie und Physiologie haben wir fast die gleiche Ausbildung wie ein Arzt. Das nervt oft sehr.
Ich verbringe sehr viel Zeit in meinem Alltag damit, Patienten zu erklären, warum eine entspannende Nackenmassage bei einem Bandscheibenvorfall leider nichts bringt. Trotzdem bestehen manche Patienten darauf. Tja. Was macht man da? Der Kunde ist König. Und in dem Fall ist der Patient leider eher ein Kunde. Und da mein Chef will, dass der Patient wiederkommt, massiere ich ihn. Was nichts bringt, außer eine kurzweilige Entspannung. Toll. Von wegen Menschen heilen, etwas verändern. Nichts da. In dem Fall steht der wirtschaftliche Aspekt vorne. Der Kunde soll wiederkommen.
D.h. man muss dauernd erklären dass man mehr kann als alle denken und Leute dazu überreden sich zu bewegen. Da hat nämlich leider so gut wie keiner Lust drauf. Und dazu muss man sich die Beschwerden anhören, dass es einem ja soooo schlecht geht. Obwohl der Patient etwas dran ändern könnte. Dies aber nicht will. Das wäre ja Arbeit.
Natürlich gibt es Einzelfälle die anders aussehen. Wo der Patient motiviert ist und nach ein paar Behandlungen tatsächlich Erfolge sichtbar sind. Aber die sind leider selten.
Also weder finanziell, noch von der Anerkennung her, lohnt sich die Ausbildung. Man erwirbt zwar super viel Fachwissen, wendet dies aber im beruflichen Alltag leider kaum an. Dazu kommt, dass man viele Behandlungstechniken ohne weitere - sehr kostspielige -Fortbildungen gar nicht anwenden darf. Also nochmal Geld ausgeben aber dafür auch nicht wirklich mehr verdienen.
Wäre ich nochmal an der selben Stelle, würde ich es nicht nochmal machen. Ich bin jetzt fast vier Jahre im Beruf und schaue mich nach etwas neuem um. Schade. Aber Physiotherapie in Deutschland ist leider nicht das, was sie verspricht.